Die hohe Kunst des Tröstens
Ganz natürlich : Kinder sind beim Trostspenden noch völlig unverkrampft und offen
Psychologie Wenn eins uns nahe stehender Mensch betrübt ist , wollen wir ihm beistehen - doch dabei geht oft einiges schief . Nur wer die Gefühle des anderen respektiert , kann helfen
Heile , heile Segen - der Spruch erinnert an aufgeschlagene Knie , schützende Arme und die Erfahrung dass Schreck und Schmerz sich auflösen können . Bei einem kleinen Kind geht Trösten noch ganz leicht . Spontan nehmen wir es in die Arme und finden die richtigen Worte . Ganz anders wenn wir erwachsene Angehörige , Freunde oder Kollegen durch einen Kummer begleiten wollen : Da werden die meisten von uns unsicher , ungelenk , haben Angst , das Falsche zu tun . Was ist so schwer am Trösten ? Und wie machen wir es richtig ? Egal ob es sich um den Liebeskummer einer guten Freundin , eine berufliche Krise , des Partners oder die schwere Krankheit eines Verwandten handelt - eines ist allen gemeinsam , die Trost brauchen : " Sie sind vorübergehend an einem anderen seelischen Ort , herausgefallen aus der Normalwelt " , sagt die US - Psychologin Judith Viorst . Deshalb ist es ganz natürlich , dass wir nicht auf Anhieb wissen , mit welchen Worten oder Gesten wir sie jetzt am besten erreichen . Viele gut gemeinte Sätze , die uns unbedacht über die Lippen gehen , haben keinen Trosteffekt . Oder schlimmer : Sie können verletzend wirken .
Die größten Fehler
* Wir versuchen zu helfen , indem wir den Kummer des Gegenübers klein reden : " Sei doch froh ,
es hätte noch viel schlimmer kommen können . "
* Wir verbrüdern uns mit dem fremden Leid und sprechen dem Freund damit das Einmalige seiner Erfahrung ab :
" Ich weiß , wie du dich jetzt fühlst , bei mir war es damals auch so . "
* Wir wollen die Traurige aufmuntern , indem wir sie an ihre Verantwortung erinnern : " Das hättest du wissen können ,
dass der Kerl ein Schuft ist . " Doch dadurch fühlt sich die Bekümmerte möglicherweise auch noch schuldig .
* Wir deuten den Schmerz des anderen in etwas Positives um und sprechen diesem so die Berechtigung ab ,
bedrückt zu sein : " Wer weiß , wozu es gut ist . "
* Wir tun alles , um die bekümmerte Freundin abzulenken : " Komm , wir gehen schön einkaufen... " , " Sitz doch
nicht rum und blase Trübsal..." . Solche Aufmunterungsmethoden erzeugen fast immer ein Überforderungsgefühl
beim Betroffenen .
* Wir verweisen den niedergeschlagenen Freund zu früh auf eine freudige Zukunft : " Das Leben geht weiter " ,
" Du findest sicher eine Partnerin , die besser zu dir passt . "
Die wichtigen Regeln
Allen diesen Versuch , so herzlich sie gemeint sein mögen , fehlt etwas Entscheidendes : Respekt für die akute Gefühlslage unseres Gegenübers . Hier die wichtigsten Regeln des Tröstens :
* Erlauben Sie dem Betroffenen , traurig zu sein , auch wenn Sie seine Gefühle nicht nachvollziehen können .
Das klingt einfach , ist aber schwer - weil es uns wehtut , einen Menschen , der uns viel bedeutet , am Boden
zu sehen . Weil Traurigkeit ansteckend ist und wir Angst haben , selbst zu weinen .
* Vertrauen Sie auf die Macht des Schweigens . Seien Sie nur da , und hören Sie zu . Auch das kann schwer
fallen . Denn wir gehen oft davon aus : Helfen heißt aktiv werden . Dass die beste Hilfe oft darin besteht ,
dies nicht zu tun , müssen die meisten erst lernen .
* Überschütten Sie Ihr Gegenüber nicht ungefragt mit Zärtlichkeiten . Körperkontakt ist in bestimmten
Situationen , bei bestimmten Menschen fehl am Platz . Wenn Sie nicht sicher sind , lieber nur die Hand
auf den Arm des Vaters oder des Freundes legen . Erfolgt eine ablehnende Haltung , nehmen Sie das nicht
persönlich . Es ist eine natürliche Schutzreaktion . Respektieren Sie das , und bleiben Sie für den anderen da .
* Seien Sie geduldig . Die Zeit heilt alle Wunden . Aber die Zeit ist eine individuelle Größe . Akzeptieren Sie ,
dass die Seele des Bekümmerten ihren eigenen Rhytmus hat . Für Sie mag es aussehen , als ob er zu sehr
in " seinem Schmerz wühlt " - bleiben Sie trotzdem geduldig und achtsam . Dann werden Sie eines Tages
spüren : Es ist so weit . Er kommt aus dem Seelen - Tief .
ZUSPRUCH
Tröstende Worte
Einfach zuhören , das ist oft der beste Trost .
Doch auch Folgendes kann dem Bekümmerten gut tun :
Raum geben : " Ich bin da für dich , ich habe Zeit . Wenn
du möchtest , sag mir , was dich bedrückt . "
Gefühle respektieren : " Das ist schlimm.."
" Das muss sehr schmerzhaft sein... "
" Das ist sehr hart...
Hilfe anbieten : " Was ist dir am liebsten - dass ich
einfach nur da bin ? Dass ich etwas für dich tue ? "